Die große Krise der Windenergie

Die Zahlen sind bestürzend: In nur einem Jahr sind in der Windindustrie insgesamt 26.000 Arbeitsplätze abgebaut worden und damit mehr als insgesamt in der Braunkohle beschäftigt sind. (Der SPIEGEL berichtet) Damit ist die Beschäftigungssituation bei Windenergie an Land um circa fünf Jahre zurückgefallen. Von 2016 bis 2017 sind bei Wind an Land 21.700 Arbeitsplätze verloren gegangen (2016: 133.800 Beschäftigte,  2017: 112.100 Beschäftigte). Bei Windenergie auf See kommen im gleichen Zeitraum nochmal 4.300 verlorene Arbeitsplätze hinzu. Diese Zahlen gehen auf eine Kleine Anfrage der LINKEN im Bundestag zurück.

Für die Folgejahre 2018 und das laufende Jahr 2019 liegen noch keine Beschäftigtenzahlen vor, diese werden aber vermutlich weiter absinken. Denn 2017 war eigentlich ein Rekordjahr für den Zubau, was erwarten lässt, dass die Einbrüche für 2018 und 2019 noch deutlich drastischer ausfallen werden. In Zeiten, wo eigentlich der Klimanotstand ausgerufen werden müsste, gefährdet die Bundesregierung massiv die Arbeitsplätze in der Windindustrie. Diese Zahlen zeigen ein seit Jahren beispielloses Versagen der Bundesregierung bei einer der wichtigsten Zukunftsbranchen.

Der dramatische Stellenabbau und Fadenriss bei der Windenergie mit dem heute vollkommen am Boden liegenden Zubau war absehbar und wird von der Bundesregierung stillschweigend hingenommen, während zeitgleich für die Braunkohleindustrie Milliarden Strukturgelder zugesichert werden, die hoffentlich die dort Beschäftigten gut absichern. Hier wird aber mit zweierlei Maß gemessen. Die Beschäftigten in der Windindustrie sind offenbar der Bundesregierung nicht so wichtig. Die im Jahr 2018 beschlossenen Sonderausschreibungen konnten den Fadenriss nicht heilen, weil sie zu spät kamen. Mittlerweile hängen viele Projekte in Genehmigungsverfahren fest. Um die 2030-Ziele der Bundesregierung zu erreichen, bräuchten wir circa 4 bis 7 Gigawatt Zubau jährlich. Davon sind wir meilenweit entfernt.

Das Wirtschaftsministerium verschließt Augen, Ohren und Mund vor den historisch niedrigen Zubauzahlen der Windenergie, die vergangene Woche vermeldet wurden. Sie sind letztlich auf die Einführung von Ausschreibungen und Fehler beim Erneuerbare-Energie-Gesetz zurückzuführen, die die Branche in ein Desaster gelenkt hat und nicht angemessen korrigiert wurden. Die Windenergie wäre das wichtigste Zugpferd, um das Ausbauziel 65 Prozent Erneuerbare Energien im Jahr 2030 (wie es im Koalitionsvertrag steht) zu erreichen. Für den dringend notwendigen klimapolitischen und ökologischen Umbau unserer Wirtschaft ist diese Nachricht ein bitterer Rückschritt.

Beim insolventen Windanlagenhersteller Senvion sind aktuell 4.000 Arbeitsplätze gefährdet, 1.000 davon in meinem Bundesland Schleswig-Holstein. Erst vor wenigen Tagen hat der Spediteur für Windenergieanlagen W+F Franke Insolvenz beantragt, wodurch 120 Arbeitsplätze zur Disposition stehen.

Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung, diese Abwärtsentwicklung sofort zu stoppen und gute Rahmenbedingungen für die Windenergieindustrie zu schaffen sowie für Akzeptanz durch Beteiligung vor Ort zu sorgen. Doch im Bundeswirtschaftsministerium steht alles still, auch die Arbeitsgruppe Akzeptanz, vor über einem Jahr gegründet, hat null Ergebnisse zu verzeichnen.