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Darf man? Und wer ist „man“?

Ich kann Euch nicht sagen, ob die Öffnungen richtig sind oder zu früh kommen. Mich beschleicht nur ein ungutes Gefühl, wenn ich rekapituliere, dass die Debatte, dass die Wirtschaft wieder brummen müsse und die Abwägung von Menschenleben und Wirtschaft Ende März begann, u.a. mit diesem Leitartikel aus dem Spiegel, in dem die Autorin zum Ergebnis kam, es sei legitim, „wirtschaftlichen Schaden gegen Menschenleben abzuwägen“.

Wie sieht es bei Euch aus? In Kiel auf der Straße und den Geschäften habe ich das Gefühl, dass sich das tägliche Leben zunehmend normalisiert, dass Menschen sorgloser sind, vielleicht befeuert durch die öffentliche Debatte, durch das Gefühl, dass Corona eben doch nicht so gefährlich sei? Verbunden damit, dass es eben keine allgemeine Pflicht gibt zur Bedeckung von Mund und Nase, nicht, weil es nicht sinnvoll wäre, sondern weil es schlicht nicht ausreichend Schutzkleidung gibt…

Ja, ich kann verstehen, wenn Eltern mit ihren Kindern zu Hause möglichst schnell wieder zur Normalität zurückkehren wollen. Auf der anderen Seite sind Schulen auch Verteilstationen für Viren. Ich bin auch skeptisch, ob es nicht zu schnell ist, dass Schleswig-Holstein ab Montag selbst Einkaufszentren wieder aufmacht.

Gepusht worden ist die Debatte zur Wiederöffnung durch die Vorabergebnisse der Heinsberg-Studie. Finanziert worden ist die Veröffentlichung u.a. durch die PR-Agentur von Kai Diekmann, dem Ex-Chefredakteur der Bild-Zeitung. Die „Bild“ wiederum hat sehr stark die Kampagne für einen Schluss des Lockdowns vorangetrieben, etwa mit einem Statement von Multi-Milliardären und Politikern, die sich für das Ende der Schließungen und die Separierung von älteren Menschen ausgesprochen haben.

Wenn ich mir die USA anschaue, mit zuletzt 8000 Neuinfektionen in 24 Stunden, mit täglich um die 2000 Toten, denke ich, bisher haben die Maßnahmen bei uns gewirkt. Nochmal: Ich weiß nicht, was richtig ist. Aber mir wäre wohler, wenn es gerade etwas langsamer ginge, wenn der Eindruck, es ginge vor allem auch um wirtschaftliche Interessen, substanzlos wäre…