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Aus aktuellem Anlass: Bundestag hebt Immunität von Lorenz Gösta Beutin auf

Nein, nicht erschrecken, ich habe keine Corona-Schutzmasken an ein Ministerium vermittelt und dafür mehrere hunderttausend Euro einkassiert. Auch habe ich für keinen autokratischen Staat, der seine Gegner*innen ins Gefängnis steckt, bezahlte PR-Lobbyarbeit gemacht. Ich habe als Abgeordneter als parlamentarischer Beobachter die friedlichen Proteste der Klimaschutzbewegung gegen ein Kohlekraftwerk begleitet. Die Staatsanwaltschaft in NRW hat infolgedessen ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch gegen mich eingeleitet.

Aber eins nach dem anderen. Am Mittwoch, den 24. März 2021wurde mir im Deutschen Bundestag auf Empfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung die parlamentarische Immunität entzogen. Das Parlament hat damit die „Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) genehmigt“.

Was ist geschehen? Als parlamentarischer Beobachter für die Bundestagsfraktion Die Linke begleite ich seit mehreren Jahren die friedlichen Protestaktionen der Klimaschutzbewegung in Deutschland, wie Aktionen des zivilen Ungehorsam von „Ende Gelände“ und „Extinction Rebellion“ und Proteste von „FridaysForFuture“. Ich verstehe es als meine Aufgabe, als gewählter Volksvertreter, als Zeuge und Vermittler das Verhalten von Demonstrant*innen als auch das der Sicherheitsbehörden zu dokumentieren und auf diese Weise Öffentlichkeit herzustellen. Besonders wichtig ist das auch in Konfliktsituationen, um deeskalierend auf alle Beteiligten einzuwirken. Für meine Partei, Fraktion und mich persönlich gehört das Grundgesetz und seine Einhaltung zu einem der Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft und des Rechtsstaats. Gewöhnlich werden die Parlamentarischen Beobachter*innen sowohl von Polizei wie Demonstran*innen für ihren Einsatz geschätzt und respektiert.

Nicht am 2. Februar 2020, als ich als Parlamentarischer Beobachter bei den Demonstrationen gegen die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerkes „Datteln 4“ vor Ort war. Klimaaktivist*innen von „Ende Gelände“ waren zum umstrittenen Kohlekraftwerk gezogen. Ungefähr 120 Protestler*innen besetzen friedlich Teile des Geländes vom Energieerzeuger „Uniper“. Als parlamentarischer Beobachter bin ich bei den Protestierenden. Klar erkennbar an meiner leuchtend-gelben Warnweste mit der roten Leuchtaufschrift: Parlamentarischer Beobachter.

Während des Geschehens gibt es Unklarheiten: obwohl zunächst ein polizeilicher Ansprechpartner angibt, ich dürfe mich frei auf dem Gelände bewegen, wurde ich später aufgefordert, dieses zu verlassen.

Später erfahre ich, dass der Kraftwerksbetreiber „Uniper“ Anzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt hat. Und zwar gegen jede Person, deren Identität bei der Protestaktion festgestellt wurde. Also auch gegen mich, und entgegen der Zusage vom Betreiber, ich könne mich auf dem Gelände frei bewegen. Für mich ist das Vorgehen von „Uniper“ ein klarer Versuch, sowohl die Klimaprotestierenden wie auch parlamentarische Beobachter*innen zu kriminalisieren. Ich lasse mich natürlich anwaltlich vertreten und sehe dem Verfahren optimistisch entgegen.

Bild: „Als Parlamentarischer Beobachter vermittelt Lorenz Gösta Beutin zwischen Polizei und eingekesselten Protestierenden im Rheinland bei Düren im September 2020“