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Wer die Welt retten will, muss die Kirche des Neoliberalismus angreifen

Das regelt der Markt. Es gibt keine Alternative. Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen. Jeder ist seines Glückes Schmied – Die Dogmen des Neoliberalismus haben sich seit Jahrzehnten durch unsere Gesellschaft gefressen, bestimmen noch immer politisches Handeln, auch in der Krise. Wenn Laschet nur einfällt, man müsse nach der Bundestagswahl der Wirtschaft freien Lauf lassen und außerdem müsse man über ein höheres Renteneintrittsalter nachdenken, zeigt das die Beschränktheit dieses Denkens.

Zwei Grundpfeiler dieses Glaubens gibt es: Zum einen gibt es eine unsichtbare Hand, die sorgt dafür, dass viele Menschen aus Gier viele böse Dinge tun, aber wie durch ein Wunder kommt am Ende etwas Gutes dabei heraus. Und zum anderen sei es wie bei einer Pyramide aus Champagnergläsern: Man schüttet in das oberste was rein, immer mehr, und dann läuft es über und füllt mach und nach die unteren Gläser. So soll es mit der Verteilung des Reichtums sein. Joe Biden hat das neulich sehr präzise als „Bullshit“ bezeichnet, und das ist es auch, denn wir sehen Jahr für Jahr, auch 2020, das oberste Glas wird immer größer und schwerer, die unteren werden immer kleiner, und irgendwann kracht die Pyramide.

Im Bundestagswahlkampf geht nun das Gespenst der „Verbotspolitik“ um. Neben den Linken, die eh den Kommunismus wollten (in den Augen der neoliberalen Gläubigen) seien die Grünen in der Klimapolitik die „Verbotspartei“. Das arbeitet mit dem Verständnis, dass Gesetze, Regeln, auch Steuern des Teufels seien, nur das Wirken des Marktes sei Gottes. Das erzählen dann FDP, Union und AfD im Chor jede Woche im Bundestag, das schreit uns auf Anzeigen der INSM entgegen.

Im Kern ist es eine brutale Klassenpolitik von oben. Es geht darum, dass alles so bleibt, wie es ist, dass das globale Vermögen weiter von unten nach oben verteilt wird. Dass der perverse Reichtum nicht angetastet wird, nicht in Deutschland, nicht weltweit (Festung Europa!). Es ist egal, wenn alle zehn Sekunden ein Kind an den Folgen extremer Armut stirbt, Hauptsache, der Markt ist frei.

Diese Ideologie ist menschenverachtend. Sie macht den Menschen zu einem Spielball des Marktes, reduziert ihn zu einem konsumierenden Einzelwesen, zum „Humankapital“. Alle Bereiche des Lebens sollen dem Prinzip der Verwertung unterworfen werden, die Konkurrenz, das Streben nach Profit soll bis in die letzte Ritze des menschlichen Zusammenlebens eindringen. Jedes Bewusstsein, dass es mal anders war und dass die Zukunft mal ganz anders sein kann, bewusst gestaltet werden kann, soll ausgelöscht werden. Verpackt wird das alle bonbonbunt, gefühlig, wie in den plüschigen Arbeitsräumen bei Google und Amazon, natürlich mit flachen Hierarchien, mit Chancen, egal ob Mann oder Frau oder divers – solange es nichts ändert an dem, wer letzten Endes verdient, wo letzten Endes der Mehrwert landet.

Eine linke Politik muss radikal den Neoliberalismus angreifen, an jedem Punkt, an dem das möglich. Muss seine Vertreter*innen bloßstellen, die Ideogie dieser menschenfeindlichen Sekte lächerlich machen und offenlegen, in all ihrer Erbärmlichkeit. Wenn wir unsere Demokratie retten, wenn wir unsere Gesellschaft menschlich gestalten, wenn wir die Klimakatastrophe aufhalten wollen, global, bleibt uns nichts anderes übrig, als uns ganz grundlegend anzulegen mit denen, die wollen, dass sich nichts ändert und die dafür über Leichen gehen, ganz buchstäblich.

Also lasst uns arbeiten an einer Klassenpolitik von unten, die genau diese Idee wieder in den Mittelpunkt stellt: Wir sind die Stimme derjenigen, die sagen, es muss ganz anders werden. Wir nehmen alle mit, die mit uns für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen streiten, in Deutschland und weltweit, egal welcher Hautfarbe, welches Geschlechtes, welcher sexuellen Orientierung, welcher Herkunft. Wir haben nur diese eine Welt, unsere Zeit ist jetzt, es ist an uns. Das klingt pathetisch, aber darunter machen wir es nicht: Wir haben eine Welt zu gewinnen.