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Räumung des Flensburger Bahnhofswaldes: Zeichen der Zeit nicht erkannt

Der Kampf um den Erhalt des Bahnhofswaldes ist beendet. Nun wurden Tatsachen geschaffen. Eine große Lücke klafft an der rechten Seite der Bahnhofsstraße. Unwiederbringlich wurde der Allee-Charakter der Straße zerstört. Zudem wurde ein einmaliges, innerstädtisches Biotop, das ein Zuhause für Flora und Fauna bot, vernichtet.

Am Freitag stürmte eine Privatarmee der Investoren das Gelände und agierte mit brachialer Gewalt. Demonstrant*innen und Aktivist*innen wurden von einem privaten Sicherheitsdienst (teils mit Gewalt) bedroht. Nachfolgend machte ein Trupp mit Kettensägen kurzen Prozess. Eine Vielzahl an gesunden Bäumen wurde angesägt, auch jene, die nach dem 1. Februar nicht mehr gefällt werden durften, schlimmer: es wurden auch Bäume angesägt, auf denen sich Menschen befanden. Damit wurde die Gefährdung von Menschen billigend in Kauf genommen.

Die Polizei, die völlig von den Ereignissen überrascht worden war, stoppte die Rodungsarbeiten. Zunächst sah es so aus, dass durch eine Allgemeinverfügung der Stadt Flensburg die Rodungsmaßnahmen bis auf Weiteres für den Monat Februar eingestellt werden müssen. Zudem wurde beteuert, dass eine komplette Räumung durch die Polizei im Februar nicht stattfinden würde. Schon vorher wurde, aufgrund der Pandemie-Lage, eine Räumung ausgeschlossen.

Nachdem der Investor nun illegal Tatsachen geschaffen hatte, zeigten sich die Aktivisten dennoch gesprächsbereit. Es wurde vereinbart, dass nur die angesägten Bäume, aus Sicherheitsgründen, gefällt werden. Sowohl die Stadtverwaltung als auch das Innenministerium kritisierten deutlich das Vorgehen der Investoren und sprachen von Selbstjustiz.

Leider bliebt von der Kritik nicht viel übrig. Am Sonntag begann dann doch die Polizei das Gelände zu räumen, auf Anweisung der Stadt Flensburg. So hieß es noch am Freitag, dass eine Räumung nicht bevorstehe, da dies die Pandemie-Lage nicht zulasse und man größere Menschenansammlungen vermeiden möchte. Nun wurde die Räumung kurioserweise mit dem Argument der Pandemie-Lage gerechtfertigt.

Vielleicht noch vor fünf Jahren wäre ein solches Bauprojekt, wie das Hotel am Bahnhof, ohne weiteren Protest realisiert worden. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Auswirkungen des Klimawandels machen auch vor unserem Land nicht halt und sind deutlich sichtbar, für alle. Sei es kranke Wälder, der ansteigende Meeresspiegel oder Temperaturschwankungen binnen einer Woche von über 30 Grad.

Es wächst eine Generation junger Menschen heran, die sich über Ihre Zukunft Gedanken machen und die Gefahr einer Klimakatastrophe kommen sehen, wenn wir so weiter machen wie bisher. Sie fragen sich zurecht, wie ein stetiges Wachstum bei endlichen Ressourcen funktionieren soll. Das Ruder muss sofort herumgerissen werden, wenn wir die Klimakatastrophe auf unserem Planeten aufhalten wollen.

Jeder einzelne Baum trägt dazu bei, das Stadtklima erträglicher zu machen. Bäume spenden Schatten und bieten der Stadt ein gesundes Klima. Was nützt es dem Stadtklima, wenn Ausgleichsflächen weitab der Innenstadt liegen? Es helfen dabei keine leeren Phrasen und Versprechungen, es muss jetzt gehandelt werden. Der Kampf um den Erhalt den Bahnhofswaldes ist vielleicht verloren, aber der Kampf gegen den Klimawandel und für eine lebenswerte Zukunft hat gerade erst begonnen.